Leben und Arbeiten in Wittlingen
Dorfgeschichte
Wittlingen liegt im vorderen Kandertal im Markgräflerland und ist Teil des Landkreises Lörrach. Nördlich grenzt die Gemeinde an den Ortsteil Wollbach der Stadt Kandern, im Osten an die Kreisstadt Lörrach, im Süden an die Gemeinde Rümmingen und im Westen an die Gemeinde Schallbach an. Das Gemeindegebiet hat eine Fläche von 450 Hektar. Der höchste Punkt befindet sich in einer 60 Hektar messenden Gemarkungsexklave im Röttler Wald mit 571 Metern ü.NN.
Bodenfunde im Ortsbereich lassen auf eine Siedlungskontinuität seit der fränkisch-merowingischen Zeit (5.-7. Jahrhundert) schließen. Es ist jedoch zu vermuten, dass bereits zur Römerzeit auf der Gemarkung von Wittlingen und im heutigen Ortsbereich gesiedelt wurde. Erstmals schriftlich erwähnt wurde Wittlingen im Jahr 874 als „Witringhove“ in einer Urkunde des Klosters St. Gallen. Der vermutlich von einem Personennamen abgeleitete Ortsname wird in späteren Urkunden auch als „Witelichon“ (1275), „Wettilingen“ (1286) und „Wittlikheim“ (1493) genannt, ehe sich ab dem 16./17. Jahrhundert der heutige Name durchsetzen konnte.
Auf eine Besiedlung zu fränkischer Zeit deutet auch der Umstand hin, dass es am Waldrand oberhalb des heutigen Ortes eine längst verschwundene kleine Kirche gab, die den Namen St. Martin (Patron der Franken) getragen hatte. Die Kirche wurde wahrscheinlich bereits um das Jahr 800 erbaut, wird aber erst 1353 urkundlich erwähnt. In anderen schriftlichen Überlieferungen wird die St. Martinskirche auch als Wallfahrtskirche oder Kapelle bezeichnet. Seit der Zeit um 1500 wurde die Kirche nicht mehr für Gottesdienste genutzt und spätestens Ende des 16. Jahrhunderts dürfte der Bau verschwunden gewesen sein. In der Nähe der St. Martinskirche befand sich vermutlich auch der längst abgegangene Hof Crensheim (Grensheim), der sich für das Jahr 1206 nachweisen lässt.
... weiterlesen > < wenigerDie frühen Herrschaftsverhältnisse über Wittlingen liegen im Dunkeln, die Hoheit lag aber wohl lange Zeit beim Bistum Basel, ehe der Besitz im Spätmittelalter an die Röttler Herrschaft und hierüber an die Markgrafschaft Hachberg-Sausenberg überging. Ab 1503 gehörte Wittlingen schließlich zur Markgrafschaft Baden (von 1535 bis 1771 Markgrafschaft Baden-Durlach) und bildete den Mittelpunkt einer kleinen, aus dem Ort selbst, Rümmingen und Schallbach bestehenden Vogtei. Bis in das 18. Jahrhundert war Wittlingen auch Gerichtsort der drei Orte, ehe die Abhaltung der Sitzungen wechselweise in einem der Dörfer stattfand. Verwaltet wurde der Ort durch einen herrschaftlichen Vogt und eingesetzte Richter. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts lösten sich diese Strukturen langsam auf und eine gewisse Eigenständigkeit bildete sich aus. Aber noch bis nach 1800 mussten alle die Gemeinde betreffenden Urkunden vom Landgericht zu Rötteln (Sitz Lörrach) besiegelt werden.
Die Einwohnerzahl von Wittlingen hatte sich bis zu dieser Zeit, entsprechend der geringen Ortsgröße, nur sehr langsam entwickelt. Ursprünglich bestand das Dorf wohl aus einem größeren Hofgut, das durch eine Kirche ergänzt wurde. Im Hochmittelalter wurde zudem eine kleine, längst verschwundene Burganlage etwas südlich der heutigen Kirche errichtet. Hiervon ausgehend, erfolgte die sehr langsame Besiedlung, selbst Mitte des 18. Jahrhunderts bestand der Ort nur aus 47 Häusern und hatte etwa 240 Einwohner. Die Bevölkerung von Wittlingen war zu dieser Zeit, wie in den meisten Orten des Markgräflerlandes, fast komplett evangelischen Glaubens, war doch in der Markgrafschaft Baden-Durlach im Jahr 1556 die Reformation eingeführt worden.
Im Jahr 1806 wurde Wittlingen, wie das gesamte Markgräflerland, Teil des neu gegründeten Großherzogtums Baden. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts begann für den Ort, wie auch in den Nachbardörfern, eine dynamische Bevölkerungsentwicklung. Von 288 Einwohnern im Jahr 1804, stieg die Einwohnerzahl auf 339 Personen im Jahr 1852. Nachfolgend setzte wieder ein Rückgang ein, der in der Zeit um 1870 nur kurzzeitig unterbrochen wurde und sich danach weiter fortsetzte. Bis zum Jahr 1910 sank die Bevölkerungszahl schließlich auf 277 Einwohner. Diese Abnahme war, neben der Auswanderung, vor allem der Abwanderung der jüngeren Leute in die benachbarten Industrieorte im Wiesental sowie nach Lörrach und Basel geschuldet. Die Gründe für die Emigration sind in der bis ins 20. Jahrhundert bestehenden agrarischen Struktur des Ortes zu sehen. Wittlingen war von einer klein- und mittelbäuerlichen Landwirtschaft geprägt, die zwar für die Bewohner auskömmlich war, sich aber sehr mühselig gestaltete und keine hohen Erträge einbrachte. Daher erschien gerade für jüngere Wittlinger ein Arbeitsplatz in den aufstrebenden Industrieorten besonders attraktiv, erhoffte man sich doch einen verbesserten Lebensstandard. Für das Jahr 1895 ist bekannt, dass von 161 Erwerbstätigen im Ort (56,3% der Einwohner), rund 121 Personen in der Landwirtschaft tätig waren. Nur 25 Personen arbeiteten in der Industrie und im Gewerbe, und nur 3 Personen im Handel. 12 Personen gingen einer anderen Erwerbstätigkeit nach. Märkte hatten sich in Wittlingen aber nie entwickelt, diese wurden vielmehr vorwiegend in Kandern, Lörrach und Basel besucht."
Ab dem Jahr 1819 gehörte Wittlingen dauerhaft zum Amt Lörrach (später Kreis Lörrach, dann Landkreis Lörrach). Im 19. Jahrhundert hatten sich in Wittlingen aber auch die Gemeindestrukturen verändert und weiterentwickelt. Neben dem Vogt (ab Mitte des 19. Jahrhunderts als Bürgermeister bezeichnet), dem Ratschreiber und dem Gemeinderechner, gab es eine Reihe von weiteren Ämtern im Ort, die für die Gemeinde ausgeübt wurden. Beispielsweise gab es einen Polizeidiener, einen Feld- und Waldhüter, einen Abdecker, einen Fleischbeschauer, eine Hebamme, einen Leichenschauer und Totengräber sowie einen Straßenwart.
Einen Quantensprung in der Verkehrsentwicklung des Ortes brachte der Anschluss an die Kandertalbahn, die im Jahr 1895 eröffnet wurde. Die 13 Kilometer lange Strecke von Haltingen nach Kandern wurde für den Personenverkehr bis 1983 genutzt, seit 1986 wird eine Museumsbahn betrieben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgte die Elektrifizierung des Ortes, die ersten elektrischen Straßenlampen wurden 1904 aufgestellt, nachfolgend wurden die einzelnen Haushalte angeschlossen.
Nach dem Ersten Weltkrieg, in welchem 14 Wittlinger ihr Leben verloren, begann ein allmähliches Bevölkerungswachstum. Bis zum Jahr 1933 war die Einwohnerzahl wieder auf 327 Personen gestiegen. Der durch das nationalsozialistische Verbrechensregime ausgelöste Zweite Weltkrieg machte sich auch in Wittlingen bemerkbar. Zeitweise waren im Ort Soldaten einquartiert und im Jahr 1940 wurde aus militärstrategischen Gründen die heutige Kreisstraße über den Wittlinger nach Haagen errichtet. Mit dem Ende des Krieges und der Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur, wurde Wittlingen vorübergehend von französischen Soldaten besetzt, die unter anderem im ehemaligen Gasthaus Hirschen untergebracht waren. Insgesamt hatte der Ort 35 Gefallene und Vermisste zu beklagen.
Ab den 1950er Jahren erlebte Wittlingen einen zuerst langsamen, aber doch spürbaren Aufschwung, der sich auch in der kontinuierlich gestiegenen Bevölkerungszahl zeigte. Für das Jahr 1965 sind bereits 447 Einwohner bekannt, durch die ab den 1970er Jahren ausgewiesenen Neubaugebiete oberhalb der Haagener Straße (u.a. Burgackerstraße, Ölbachgraben, Reitschule) stieg diese Zahl bis 1987 bereits auf 647 Einwohner an. Gleichzeitig ging im Rahmen des sukzessiv eintretenden Strukturwandels die Bedeutung der Landwirtschaft im Ort immer weiter zurück. Waren im Jahr 1950 noch 42,3% der erwerbstätigen Einwohner in der Land- und Forstwirtschaft tätig, so ging diese Zahl bis 1987 auf 3,2 % zurück. Die Bewirtschaftung der Flächen erfolgt heute durch wenige Nebenerwerbslandwirte sowie Lohnunternehmen. Im Ort selbst wurde 1963 ein Schulgebäude errichtet, für die Betreuung der Kleinkinder im Jahr 1973 der Verein Spielstube Wittlingen e.V. gegründet und 1985 der Gemeindesaal neben dem Rathaus erbaut. Seit den 1990er Jahren wurden weitere Neubaugebiete ausgewiesen (Haaracker, Haagener Straße, Gartenweg und zuletzt Brunnmatten) sowie freie Flächen nachverdichtet, so dass der Ort weiter gewachsen ist. Aufgrund seiner kurzen Verbindungswege zu den angrenzenden Wirtschaftsräumen im Wiesental, am Hochrhein, im Markgräflerland sowie in der Schweiz ist Wittlingen ein beliebter Wohnort geworden. Zum 31.09.2018 wohnten 949 Personen in der Gemeinde. Die im Gewerbegebiet Speichermatt ansässigen Betriebe stellen 130 Arbeitsplätze zur Verfügung.
Bis auf das historische, im Außenbereich gelegene Mühlenareal, nördlich der Gemeindeverbindungsstraße nach Schallbach sowie einen Aussiedlerhof östlich der Landesstraße 134 (Kandertalstraße) weist die Gemeinde eine kompakte Siedlungsfläche auf. In der Dorfmitte, in leicht erhöhter Lage, steht die evangelische Michaelskirche. An diese grenzt östlich der Friedhof an, nördlich steht das im 18. Jahrhundert errichtete Pfarrhaus mit dem benachbarten Michaelssaal. Die Kirche, der ehemalige Pfarrgarten, heute als Spielplatz genutzt, der Michaelssaal sowie das Pfarrhaus bilden ein Ensemble.
An der Kreuzung von Kirch- und Rathausstraße steht das Rathaus mit Verwaltungs-räumen sowie einer Wohnung. Das Sitzungs-/Trauzimmer sowie die Toilettenanlage wurden 2018/2019 saniert. Die Arbeiten im nördlich angebauten Gemeindesaal dauern noch an. Im Erdgeschoss befindet sich das Domizil der Freiwilligen Feuerwehr mit modernem Schulungsraum, Lager, Toiletten, Rüsträumen und Werkstatt. In den beiden Garagen stehen bestens gewartet ein Löschfahrzeug sowie ein Mannschaftstransportfahrzeug. Östlich des Rathauses rundet der Kindergarten, welcher über ein beachtliches Raumangebot mit angrenzenden schönen, weitläufigen Außenspielflächen verfügt, das gemeindliche Angebot ab. In den Räumen wird seit Jahren ein beachtliches Betreuungsangebot zur Verfügung gestellt.
Gemeindewappen
Das im Jahr 1906 auf Vorschlag des Generallandesarchives in Karlsruhe verliehene Wappen zeigt in einem gespaltenen Schild in Gelb einen roten Schrägbalken, was auf die Zugehörigkeit zum damals selbständigen Land Baden hinweist. Die gelbe Pflugschar auf blauem Grund symbolisiert den Ackerbau. Zuvor zeigte im 19. Jahrhundert das Ortssiegel das badische Wappenschild unter einem Fürstenhut, umgeben von zwei Lorbeerzweigen, sowohl mit wie auch ohne Umschrift. Für Mitte des 18.Jahrhunderts ist zudem ein Wappen (Dorfzeichen) bezeugt, das einen spitzen Turm mit dem Buchstaben W gezeigt haben soll.
Kindertageseinrichtung/Schule
Zur örtlichen Infrastruktur gehören ein Kindergarten mit Krippe, verlängerten Öffnungszeiten sowie Ganztagesbetreuung.
Im Rahmen der Einrichtung einer Ganztagesgrundschule in der Verbandssitzgemeinde Binzen musste die zweizügige Grundschule aufgrund Vorgaben der Schulverwaltung 2017 geschlossen werden. Die Kinder werden seitdem mit einem Schulbus in wenigen Minuten zur jeweiligen Grundschule gefahren. Die Haltestelle steht in unmittelbarer Nähe des Rathauses. Alle weiterführenden Schulen befinden sich in Kandern, Lörrach und Weil am Rhein. Diese sind mit dem öffentlichen Nahverkehr gut zu erreichen.
Gemeindeverwaltungsverband Vorderes Kandertal
In den Zeiten der Gemeindegebietsreform gründete Wittlingen zur Erhaltung der Selbständigkeit zusammen mit den Kandertalgemeinden Binzen, Eimeldingen, Fischingen, Rümmingen und Schallbach den Gemeindeverwaltungsverband Vorderes Kandertal mit Sitz in Binzen. Der Verband erledigt im Auftrag der Gemeinde eine Vielzahl an Verwaltungsaufgaben, wobei die Eigenständigkeit und Souveränität gewahrt bleibt. Wittlingen wird durch ein gewähltes Mitglied des Gemeinderates sowie den amtierenden Bürgermeister in der Verbandsversammlung vertreten.
Wasserverband Südliches Markgräflerland
Um die Bevölkerung sowie die Gewerbebetriebe zuverlässig mit Trinkwasser versorgen zu können, hat die Gemeinde im Jahre 1970 mit weiteren Kommunen unter Führung der Stadt Weil am Rhein den Wasserverband Südliches Markgräflerland, Sitz Weil am Rhein, gegründet. Ziel des Zweckverbands ist die nachhaltige Sicherung der Qualität des Trinkwassers, welches mehrmals jährlich von einem beauftragen Untersuchungsinstitut untersucht wird. Nach Vorarbeit des Bürgermeisters Michael Herr hat der Verband unter Leitung des Verbandsvorsitzenden Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Dietz im Jahr 2017 einen neuen Hochbehälter erstellt und in Betrieb genommen. Der aus dem Jahre 1957 stammende Behälter wurde abgebrochen. Mit dem neuen leistungsfähigen Hochbehälter ist die weitere Entwicklung der Gemeinde auf Jahrzehnte gesichert. Der im Jahre 1903 in Betrieb genommene historische Wasserhochbehälter speist einen nicht für Trinkwasserzwecke geeigneten Brunnen. Der Behälter sichert eine zusätzliche Brandreserve. Das Quellgebiet liegt östlich des Behälters im Röttler Wald auf Wittlinger Gemarkung. Der amtierende Bürgermeister gehört dem Verwaltungsrat an. Zusammen mit einem gewählten Mitglied des Gemeinderates vertritt er Wittlingen in der Verbandsversammlung.
Abwasserverband Unteres Kandertal
Wittlingen gründete mit weiteren Gemeinden im Jahre 1962 den Abwasserverband Unteres Kandertal, Sitz Binzen. Zu den Aufgaben des Zweckverbands gehören die Errichtung und der Betrieb des Verbandssammlers mit Aufnahme des in den Verbandsgemeinden anfallenden Schmutzwassers sowie die Errichtung und der Betrieb von Regenwasserbehandlungsanlagen. Der Verbandssammler entwässert in die Kläranlage Bändlegrund in Weil am Rhein, welche vom benachbarten Wieseverband, Sitz Lörrach, betrieben wird. Die Gemeinde wird durch ein gewähltes Mitglied des Gemeinderates sowie den amtierenden Bürgermeister in den Verbandsversammlungen vertreten.
Sparkasse Lörrach-Rheinfelden
Die Gemeinde gehört zu den Trägerkommunen der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden. Wittlingen wird in den Trägerversammlungen durch den amtierenden Bürgermeister vertreten. In einem zeitlichen Rhythmus rückt ein Bürgermeister der kleineren Trägergemeinden in den Verwaltungsrat der Sparkasse nach.